Mein Vater pflegte immer zu sagen, dass Haare völlig überbewertet werden und sowieso nur auf Wasserköpfen wachsen. 🙂 Ja, er hatte eine Glatze.
Es ist Mai und ich habe viele Monde hier nicht geschrieben. Es ist viel passiert. Doch fangen wir vorne an.
Im Dezember ist der Brustumor aufgegangen und im Januar folgte die sogenannte Mastektomie, also die komplette Abnahme der rechten Brust. Zugleich werden unzählige befallene Lymphknoten entfernt, leider nicht alle. Laut OP-Bericht wurde der Tumor minimal aus gesundem Gewebe entfernt. Das ist wichtig, denn sonst beginnt der Krebs genau da wieder zu wuchern. Die Wundheilung verläuft unerwartet erfreulich gut. Schon nach wenigen Tagen konnte Johanna das UKSH in Kiel verlassen.
Wären Sie meine Schwester, würde ich Ihnen Chemo empfehlen
Noch im Krankenhaus entschied Johanna für sich, dass sie keine Chemo machen wird sondern nur Bestrahlung. Kurz darauf hatten wir dann auch schon einen Termin in der Strahlenambulanz in Kiel.
Die Ärztin nahm sich ausreichend Zeit und erklärte, dass eine Bestrahlung bei dieser Diagnose sinnlos ist. Dadurch das der Krebs nicht mehr örtlich eingegrenzt war, ist davon auszugehen, dass sich Mikrometastasen im gesamten Körper verteilt haben. Bestrahlung kann – schon aus gesundheitlichen Gründen – nur örtlich, aber auch nicht so großflächig erfolgen. Zudem muss die Lebensstrahlendosis beachtet werden. Ist diese erreicht, darf nicht weiter bestrahlt werden. Sie entließ Johanna und mich mit den Worten, wenn sie ihre Schwester wäre, würde sie ihr dringend eine Chemo nahelegen.
Auf der Autofahrt nach Hause floßen viele Tränen. Diese Botschaft traf uns, besonders Johanna wie ein Schlag ins Gesicht. Eine Chemo wollte sie partout nicht machen. War das jetzt die einzige reele Chance auf Leben?
Warnstreiks im Krankenhaus
Nur wenige Tage nach der erdrückenden Nachricht, war schon ein Termin zur Besprechung für die Chemotherapie in Kiel vereinbart. Es sollen 18 Zyklen werden, jede Woche einen. Idealerweise erhält sie die Infusionen über einen Port. Würde man die Infusionen über die Vene im Arm geben, könnte die Einstichstelle vernarben oder sogar die Vene platzen. Der Port ist ein in einer Operation eingebrachter dauerhafter Zugang unter der Haut, direkt über dem Schlüsselbein. Über eine Membrane wird später dann die Infusion angeschlossen.
Der Termin für die Port-OP wurde vereinbart, fand dann aber doch nicht statt, weil das Personal im Krankenhaus im Streik war. Blöd nur, dass Johanna schon im OP-Hemdchen lag und emotional natürlich darauf eingestellt war. Einige Tage später erfolgte die OP und gleich die erste Chemoinfusion.
Ich hab die Haare schön.., ich habe die Haare schön…
Es dauerte nur wenige Wochen, bis die ersten Haare ausfielen. Johanna suchte den örtlichen Frisör auf um sich über Perücken zu informieren. Beim 2. Termin war ich mit. Egal welche sie aufgesetzt hatte, irgendwie war das nicht mehr meine Frau. Auch sie fühlte sich unwohl und beschloß dann, nur einige dünne Mützchen zu kaufen. Dabei sahen die „Kassen-Perücken“ noch mal hässlicher aus, als die „Guten“. Das Kassenmodel darf max. 350.- Euro kosten, die „gutaussehenden“ schlappe 1.000,- Euro und nein, es waren keine Echthaarperücken.
Nachdem die ersten Büschel ausfielen, suchte sie ihre Stammfrisörin auf und ließ sich alle Haare abnehmen. Die ersten Tage war das schon ein ungewohnter Anblick, aber man(n) gewöhnt sich schnell daran.
Chemo fährt deinen Körper runter auf Null
Jede Woche donnerstags fährt sie nun nach Kiel und erhält dort die Chemo. An diesem Tag ist sie dann platt. Das heißt, sie ist müde und abgeschlagen, aber sie reißt sich zusammen. Wir gehen viel spazieren und Fahrrad fahren. Irgendwo hab ich gelesen, dass durch Bewegung und Sport eine um 60-prozentig verringerte Chance besteht, wieder an Krebs zu erkranken. Und zusätzlich wird das Rückenmark animiert Leukozyten zu produzieren – wie wir sehen werden, ein wichtiger Faktor. Leukozyten sind die weißen Blutkörperchen, die für die Abwehr von Krankheitserregern wichtig sind. Sind sie während einer Chemo zu niedrig, wird die Chemo nicht durchgeführt.
Computertomographie (CT) zeigt erste Erfolge
Das erste CT gibt Aufschluss über den „Erfolg“ der Chemo. Viele vorher befallene Lymphknoten sind auf Normalgröße zurückgeschrumpft – ein Erfolg? Ja, vielleicht, so sie denn klein bleiben. Einige sind aber immer noch stark vergrößert, d.h. befallen. Die Ärzte planen 18 Wochen Chemotherapie, Johanna hat sich 12 zum Ziel gesetzt. Die haben wir Ende Mai vollzählig.
Brustkrebs metastasiert häufig auch die Knochen
Vor einigen Tagen wurde dann zusätzlich eine Knochenszintigrafie durchgeführt. Dabei wird eine radioaktive Lösung über die Vene eingebracht, die sich dann am Skelett absetzt. So ist es dann möglich einen erhöhten Knochenstoffwechsel festzustellen. Leider wurde in der 2. Rippe vermutlich eine Knochenmetastaste bei Johanna festgestellt. Im Befund heißt es, dass der Befund in 3-6 Monaten kontrolliert werden soll.
Nach dem Teilerfolg mit der Chemo holt uns das auf den Boden der Tatsachen zurück. Morgen ist Donnerstag, morgen ist ein neuer Tag.
hab dich lieb Papa 😘👍🏻
bin stolz auf dich das du das so aufgeschrieben hast…❤️😜😁
Ich kann es nur immer wieder sagen: Mama du bist ein laufendes Wunder 💕😇ich hab euch so unfassbar lieb🥰🥺